Von dem oder der Algarve, Prosa mit 82 farbigen Abbildungen, Pop Verlag

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Leseproben:

Viele Häuser an der Algarve sind sehr schlicht, um nicht zu sagen ärmlich. Doch hier beherrscht man den Umgang mit Farbe. Und so werden aus billigen Baracken leuchtende Kleinodien. Wie unnachahmlich zum Beispiel dieses Rosa, an dem viele mitgearbeitet haben: der Wind, die Gischt, der seltene Regen. Und nicht zu vergessen die unbarmherzige Sonne, von einem Heiligen einst seltsamerweise Bruder genannt.
Doch die Lieblingshäuserfarbe der Algarvios ist wohl das schlichte Blau, das pessoas in den Wahnsinn treiben kann, so sehr, dass sie den Himmel signieren.

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Die Frauen von Carrapateira sind keine Prinzessinnen. Elisabeth beispielsweise arbeitet im Lebensmittelladen. Sie ist ein junges, kräftiges Ding. Meistens schaut sie sehr ernst, während sie Brot und Käse in blaue Plastiktüten steckt. Man könnte es auch mürrisch nennen, wenn man nicht den wohlwollenden Blick der Reisenden hätte. Nie zeigt sie, dass sie uns wiedererkennt. Genau wie die Wirtin des Marktcafés. Deren Frida-Kahlo-Augenbrauen sind meistens kritisch zusammengezogen, wenn wir einen Galão und einen Café duplo bestellen. Nichts weist darauf hin, dass sie uns als Gäste zu schätzen weiß. Und auch die alten Frauen mit den schmalkrempigen Strohhüten, die uns im Dorf begegnen, setzen kein freundliches Gesicht auf. Frauen lächeln hier anscheinend selten. „Putas 100 m“, hat jemand auf eine Hauswand geschmiert, und wir denken uns unseren Teil.

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kogge lesung 22.03.18 ursula teicher maier