MIT LEICHTEM GEPÄCK

zwischen den Linien

den scharfen

erstehe ich auf

rolle meinen

Schatten zusammen

stopfe ihn in mein

Köfferchen

durch niemandes Land

auf dem Weg zu dir

werf ich das alte Stück

in den grauen See

füttre die Möwen mit

dem Hunger von gestern

nur den

dreißigsten Februar

behalte ich in meiner

linken Hosentasche

und das

pythagoreische Komma

unterm Hemd auf der Haut

gehören sie doch

nicht mir allein

 


NOTTURNO

mein Schaukelstuhl

schaukelt im Wind

nicht schaukelt darin

der bittere Duft

der faulenden Quitten

nicht der herbe

Geranientod

nicht schaukelt darin

die fahle Asche

verbrannter Briefe

nicht die Neige

toskanischen Weins

nicht schaukelt darin

die weiße

Nachtwunde Mond

in meinem Schaukelstuhl

schaukelt der Wind

 

 

WIE JEDEN TAG

die alte Hure

Hoffnung wird geschlachtet

mein Sonderzug

fährt zum Schlachtfest

Fahrpreis ein faules

 Osterei

Fliegenkot

auf meinen Briefen

trotzdem

von der Schippe springen

dem Leisetreter

sich unter seiner

Sense ducken heut

und Zähne putzen

wie jeden Tag und

gucken, ob’s regnet

 

 

HEUTE

heute ist Mond-

finsternis, mein Sofa

hat Blut geleckt

das Schweigen der Marder

auf der Hühnerstange

und dass die Fliegen tot

vor Langeweile von meiner

Decke fallen wie

Engel in der Mauser

was beweist das schon

das Einhorn

wandelt lautlos

morgen bringt mir die

Postbotin einen

Sack voll Wind

 

 

WENN ABER ...

den Mann im Rinnstein

verbellen die Nebel

dies irae spült Rattenbrut

aus der Sakristei

die Steine liegen

das Gesicht im Schlamm

ach, dein See, der graue

Schwanenfuß des Himmels

wenn aber die

Flötistin aufspielt

zur Vigil des Todes

 

........................................ 

 

TRAUMSUSELEI

für diese Nacht

gibt es mancherlei

vielerlei, allerlei

einerlei, leileilei

leise Träume

einerlei ist der

eine Traum

der ist der Steinetraum

die Steine sinken

leicht in Himmelsräume

einerlei leise

läuten die Glocken

keinerlei Weise

über die wilden Pferde

auf der milden Erde

die Pferde sind weiß

und dampfen

sie schlagen die Flügel

und stampfen

sie sind bereit

sie wollen traben

fass ihre Zügel

die sie nicht haben

die Reise ist weit

 

 

THEATER

bin mit Oma im Theater

wo als Humorist

mein famoser Vater

Frauenliebling ist

kann in Klappstuhlreihen

prima Maulwurf spielen

und bei Rempeleien

unter Röcke schielen

dann zum guten Schluss

Oma zum Verdruss

steht mein Vater

im Theater

auf der Bühne –

oh, welch kühne

Heldenpose –

als ein Hüne

ohne Hose

ohne Hose, ohne Hemd

das ist Oma fremd

Oma, die Mimose

dabei hat doch sie

ganz genau bedacht

ihn ja irgendwie

nackt zur Welt gebracht

 

 

ANDRE LÄNDER ...

man hört, der dicke Kaiser Sheng

benutzt zum Bade Riesenmuscheln

doch diese sind gewiss zu eng

mit seinem ganzen Volk zu kuscheln

auch würde er sich das verbitten

nun – andre Länder, andre Sitten

 

 

DRUCKFEHLER

… schau nur, auf dem dunklen Teich

gleitet schemenhaft und bleich

dort bei Mondenschein ein Schwein …

soff der Drucker Rheinwein?

dies, so scheint es, kann doch kein

ernst gemeintes Schwein sein

nun, von solchem Schwein als Braten

ist wohl eher abzuraten

und ich denk: mein lieber Schwan

was hat er dir angetan

 

                                    SchwanSchweinJMG  

© JMG